Der fairen Schokolade auf der Spur
Stadtrundgang von Oikokredit und Weltladen begeistert die Teilnehmer
Am 10. Juli 2024 führte Marc Ehrmann von Oikocredit und Martin Petry von Faire Welt e.V./Weltladen eine Gruppe von 25 interessierten Gästen durch die Herrenberger Altstadt.
Die Kreditgenossenschaft Oikocredit fördert Entwicklung im Globalen Süden. Mit dem Geld der Anleger*innen werden Darlehen vergeben. Derzeit arbeitet Oikocredit mit über 125 Agrarpartnerorganisationen zusammen – viele davon im Kakaobusiness. Die Partner unterstützen Kleinbäuer*innen ihre Produktivität, Anbaudiversifizierung und den Marktzugang zu verbessern.
Nach einer Einführung am Fruchtkasten führte der Weg zum Anbau, Verarbeitung, Handel, Fairer Handel und Genuss.
Wie viele Tafeln Schokolade essen wir eigentlich? In der Gruppe ging der Konsum von ½ bis 4 Tafeln in der Woche. Im Durchschnitt in Deutschland sind es 1,7 Tafeln pro Woche. Es ist nach wie vor die Lieblingssüßigkeit der Deutschen.
Ursprünglich kommt Kakao aus dem Amazonasgebiet. Von dort gelangte er nach Mittelamerika. Das Wort Kakao stammt von der Sprache Nahuatl (“Aztekisch”, Sprache indigener Völker im heutigen Mexiko) ab – “cacahuatl” bedeutet “bitteres Getränk” und “xoco-atl” heißt “heißes Wasser”. Spanische Kolonialisten brachten Kakao nach Europa. Die steigende Nachfrage im 17. Jahrhundert führt in Süd-, Mittelamerika und Ostasien zu Plantagen für Anbau von Kakao durch verschiedene Kolonialmächte. 1847 mischt das britische Unternehmen “Fry&Sons” dem Kakao statt Wasser zum ersten Mal die Kakaobutter bei und gießt die Flüssigkeit in eine Form. So entstand die Schokoladentafel.
Im interkulturellen Gemeinschaftsgarten erfuhren die Teilnehmenden, dass fast 70% des Kakaos aus nur 3 Ländern kommt (Côte d‘Ivoire (45,2 %), Ghana (17,6%), Ecuador (6,9 %). Aber auch in Kamerun, Nigeria, Indonesien, Brasilien wird Kakao angebaut.
Der Klimawandel erschwert den Kakaoanbau in allen Ländern. Es gibt weniger Regen, zu heiße Sommer, Überschwemmungen aufgrund von Starkregen, neue Schädlinge. Nach Schätzung sind in 30 Jahren nur noch 50 % der jetzigen Flächen für den Kakaoanbau nutzbar.
Oikocredit und Fairhandelsorganisationen unterstützen die Produzent*innen bei der Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen.
In der Produktion von Kakao ist Kinderarbeit noch sehr weit verbreitet. In Afrika sind es oft Kinder aus völlig verarmten Familien, die sich auf Plantagen verdingen um zu überleben. Ein Schulbesuch ist kaum möglich. Sie sind Verletzungen und Krankheiten ausgesetzt und erfahren selten die nötige medizinische Versorgung. Noch immer arbeiten in Ghana und der Côte d’Ivoire 1,5 Millionen Kinder in der Kakaoproduktion.
Nun ging es an den ehemaligen Weltladenstandorten in der Stuttgarter Straße vorbei, wo kurz an die Gründung und Entwicklung von Verein und Laden erinnert wurde. Über die Löwenstaffel und Froschgasse ging es zur Pralinenmanufaktur wo Herr Bonilla den Teilnehmenden mit seiner Expertise die Verarbeitungsschritte erläuterte: Die Fermentation ist einer der wichtigsten Schritte in der Schokoladenherstellung. Nicht fermentierter Kakao gilt als völlig ungenießbar und bitter. In Bananenblättern oder Holzkisten werden die Kakaobohnen mit etwas Fruchtfleisch fermentiert. Die Bohnen müssen nach der Fermentation trocknen und dann werden sie verschifft. Die weitere Verarbeitung des Rohkakaos findet meist im globalen Norden statt. Es gibt wenige Ausnahmen wie z.B. das Unternehmen Fairafric aus Ghana, dessen Schokolade der Weltladen im Angebot hat.
Nach Röstung lassen sich die Bohnen nach dem Brechen leichter schälen. Der Kakaokernbruch wird dann in Kakaomühlen gemahlen. Das Conchieren ist einer der bedeutendsten Schritte in der Schokoladenherstellung. Hierbei werden Wasser und unerwünschte Aromastoffe ausgetrieben und die Textur der Schokoladenmasse ausgebildet. Die Kakaomasse wird dünn gewalzt, anschließend immer wieder gerührt und erhitzt (90°C). Dann kann sie gegossen werden.
Im Bronntor vermittelte Marc Ehrmann Informationen zu den Endverbraucherpreisanteile bei konventionellem Kakao. So erhalten die Farmer: 6,6 %, der Zwischenhandel & Transport 2,1 %, die Verarbeiter/Vermahler 7,6 %, Staatl. Behörden Anbauland 4,3 % Schokoladenhersteller 35,2 % und der Einzelhandel 44,2 %. Der konventionelle Handel ist fest in der Hand von Großkonzernen.
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten ganz herzlich für diese Kooperation.